Wegen ihrer Schönheit ließ ihr heidnischer Vater Dioscorus Barbara
in einen Turm einschließen. Während der Gefangenschaft bekehrt
sie sich zum Christentum. Als Dioscorus dies erfährt, läßt
er sie verurteilen. Barbara kann jedoch fliehen und sich in einem Felsen
verbergen, der sich auf wunderbare Weise öffnet, um sie aufzunehmen.
Zweifellos spielt die von Cranach für die Szene gewählte landschaftliche
Szenerie auf dieses Moment der Legende an. Von einem der rechts dargestellten
Hirten verraten, wird sie gefaßt, gefoltert und schließlich
von ihrem Vater selbst enthauptet, worauf einige der Zuschauer mit deutlichem
Entsetzen reagieren. Vor dem Tod betet sie für alle, die der Passion
Christi und ihrer eigenen Marter gedenken, was die Darstellung inhaltlich
in einen Zusammenhang mit der Passion stellt.
Stilistisch lassen sich ebenso engste Parallelen zu Cranachs Passionsdarstellungen ausmachen, mit denen das Blatt auch in der Größe exakt übereinstimmt. All dies legt eine Datierung des Holzschnitts auf 1509, das Jahr der Passionsfolge, nahe. Wie schon das Martyrium des hl. Erasmus wurde auch dieser Stock zur Komplettierung der letzten Lage des unvollendet gebliebenen Kompendiums mit den Darstellungen der Apostelmartyrien benutzt , wobei die Enthauptung der hl. Barbara als Schlußblatt auf der vorletzten Seite geplant war und die Rückseite von allen drei aus diesem Druckzusammenhang bekannten Exemplaren leer blieb. Auch hier deutet wie beim Erasmus der gute Erhaltungszustands des Stocks auf nur wenige zuvor abgezogene Drucke hin und es lassen sich heute bestenfalls noch eine Handvoll Exemplare nachweisen, die früher als dasjenige der Lutherhalle anzusetzen sind und noch nicht die Fehlstelle in der Rahmenlinie unten rechts zeigen.
Armin Kunz