Das Martyrium des Apostels Bartholomäus

Martyrium des Bartholomäus Auch Bartholomäus kam auf seinen Predigtfahrten bis gen Indien, welches ist an dem Ende der Welt. Als Pilger ließ er sich im Tempel des Abgottes Astaroth nieder, dessen Bild plötzlich nicht mehr antwortete. Als die Leute daraufhin in eine andere Stadt zogen, um dort ein Götzenbild namens Berith um Rat zu fragen, sagte dieses zu ihnen: >Euer Gott Astaroth ist mit feurigen Ketten gebunden, daß er nimmer atmen noch sprechen mag von der Stunde an, da Bartholomaeus der Apostel Gottes in den Tempel ist getreten<. Sprach das Volk >Wer ist dieser Bartholomaeus<. Antwortete der Abgott >Er ist ein Freund des allmächtigen Gottes und ist in dieses Land kommen, daß er die Götter Indiens alle zerstöre<. Sprach das Volk >Gieb uns seine Zeichen, aufdaß wir ihn finden mögen<. Daraufhin gab ihnen Berith eine Beschreibung des Apostels, die von den Künstlern schon früh bei der Wiedergabe seines Aussehens beachtet wurde: >Sein Haar ist schwarz und kraus, seine Haut weiß, seine Augen groß, seine Nase gleich und gerad, sein Bart ist lang, mit etlichen grauen Haaren untermischt, seine Gestalt ebenmäßig<.  

Nachdem Bartholomäus die mondsüchtige Tochter des Königs Polimius geheilt hat, wird schließlich sogar der König selbst getauft mit seinem Weibe und mit seinen Kindern und alles Volk mit ihm; und ließ sein Königreich und ward des Apostels Jünger. Darnach kamen die Priester der Abgötter alle zusammen und zogen zu Astrages, des Königs Bruder, und klagten ihm, wie sie ihre Götter hätten verloren, und daß der Tempel verstört sei, und der König durch Zauberkunst betrogen. Da ward der König Astrages zornig und sandte tausend Gewaffnete aus, den Apostel zu fangen, worauf er ihn bei lebendigem Leibe schinden ließ. Anderen Überlieferungen zufolge wurde Bartholomäus gekreuzigt oder enthauptet. Cranach verbindet in seiner Darstellungen diese Legenden, indem er den Märtyrer zeigt, wie er seine Hinrichtung auf ein Kreuz gebunden erleidet. 

Dieser Holzschnitt wurde in Johann Schöffers Mainzer Hortulus animae von 1516 gegenseitig nachgeschnitten. Dasselbe Buch enthält auch Kopien der kompletten Folge der stehenden Apostelfiguren und gibt nicht nur einen Anhaltspunkt für den zeitlichen Ansatz von Cranachs undatierten Blättern, sondern belegt auch deren Popularität und Verbreitung.

Armin Kunz