Die grausame Szenerie läßt sich an Deutlichkeit kaum überbieten. Nichts ist hier mehr von der vor allem in der älteren Kunst oft anzutreffenden regungslos verklärten Darstellung der Heiligen zu spüren, Schmerz und Leiden spiegeln sich im Gesicht des Heiligen wieder.
Bei der im Hintergrund dargestellten Burg handelt es sich um eine exakte Ansicht
der Veste Coburg, die der aus Kronach stammende Künstler gut kannte und wo er sich 1506
für längere Zeit aufhielt, um im Auftrag des Kurfürsten
diverse Wandmalereien auszuführen. Die Fundamente des heute nicht
mehr vorhandenen mächtigen stauferzeitlichen Rundturms aus Buckelquadern
wurden erst 1973 bei Sicherungsarbeiten wiederentdeckt und konnten so die
topographische Genauigkeit von Cranachs Ansicht der Veste bestätigen,
die auch auf dem rechten Flügel des im gleichen Jahr entstandenen
Dresdener Katharinenaltars wiederkehrt.
Der Künstler zog den in der Werkstatt vorhandenen Druckstock nach Änderung
der Tinktur des Kurwappens heran, um die leeren Seite der letzten Lage
des geplanten Buchs mit Darstellungen der Apostelmartyrien zu füllen,
was sich aufgrund der ähnlich drastisch dargestellten Thematik durchaus
anbot. Angesichts der hervorragenden Druckqualität dieses Blattes kann
man davon ausgehen, daß vom ersten Zustand des Holzschnitts mit der
ursprünglichen Wappenform des Jahres 1506 nur ganz wenige Abzüge
angefertigt wurden.
Armin Kunz