Der Tod des Apostels Johannes

Martyrium des Johannes Johannes stirbt als einziger der Apostel eines natürlichen Todes, weshalb diese Szene in den meisten Martyrologien des Mittelalters nicht dargestellt wird. 

Da aber Sanct Johannes im neunundneunzigsten Jahr seines Alters war, und im siebenundsechzigsten Jahre nach unsres Herrn Marter, da erschien ihm der Herr mit seinen Jüngern und sprach >Komm nun, mein Auserwählter, zu mir, es ist Zeit, daß du an meinem Tische mit deinen Brüdern gespeiset werdest<. Da stund Johannes auf und wollte kommen. Aber der Herr sprach >Am Sonntage sollst du zu mir kommen<. Da es Sonntag ward, sammelte sich das Volk alles in der Kirche. Und er predigte ihnen vom ersten Hahnenschrei an. Darnach ließ er neben dem Altar eine viereckige Grube machen, und ließ die Erde aus der Kirche schaffen; in die Grube trat er und breitete die Arme auf zu Gott und sprach >Herr Jesu Christe, siehe, ich komme und danke dir, daß du mich gewürdigt hast zu deinem Tische: denn du weißt, daß ich dein von ganzem Herzen habe begehrt<. Als er dies Gebet vollbracht hatte, da erschien ein großes Licht um ihn, daß ihn niemand mehr sehen mochte.  

Cranachs ikonographisch ungewöhnliche und ganz eigenständige Veranschaulichung der Überlieferung setzt in ihrer Stille einen eindrucksvollen Gegenakzent zur lärmenden Dramatik der übrigen Martyriumsdarstellungen. 

Armin Kunz